Die Deutsche Bahn redet nicht Klartext mit mir
Mittlerweile fahre ich fast jeden Morgen mit der Bahn zur Arbeit und abends wieder zurück. Seit Führerscheinerwerb war dies für eine lange Zeit unvorstellbar. Wo bleibt da die Freiheit. Warum soll ich mich nach deren Fahrplan richten. Viel zu unflexibel. Mit dem Alter kommt nicht nur die Weitsicht, sondern auch die Einsicht. Die Zeit kann ich zum Lesen nutzen, die Augen zu machen oder einfach das Treiben beobachten. Thema Umwelt ist zu mindestens gefühlt ein Pluspunkt. Gefühlt, weil ich nicht mit Sicherheit sagen kann, ob die Bahn wirklich umweltfreundlicher als andere Verkehrsmittel ist.
Es gibt allerdings immer noch genug an Aufregung. Oft sind die Züge zu den Stoßzeiten überfüllt. Verspätungen an der Tagesordnung. Ein Streikfan bin ich auch nicht. Die Preise sind nicht gerade konkurrenztauglich. Zu Gute halte ich der Deutschen Bahn, dass die dahinterstehende Logistik, die Instandhaltung und der Ausbau der Infrastruktur einen enormen Aufwand bedeutet. Ebenso die Motivation von ca. 250.000 Mitarbeitern. Ich könnte daher einiges verzeihen, eine Sache definitiv nicht: die mangelnde Informations- und Kommunikationspolitik! Ein paar Beispiele aus dem Nahverkehrs-Alltag: Egal ob die nächste S-Bahn verspätet ist, gar nicht kommt, es durch irgendwelche Einsätze zu Verzögerungen oder Fahrplanabweichungen kommt, einen Grund erfährt man selten. Und wenn, kommt die Ansage über eine computergenerierte, völlig monotone Stimme vom „Band“. Sorry, aber ich kann schon unpersönlichen Hotlines nichts abgewinnen und vor allem keinen Glauben schenken. Standardisierung mag aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein Vorteil sein, menschlich ist das nicht!
Die Bahn hat ziemliches Glück, dass so viele Menschen auf sie angewiesen sind und trotz der Unannehmlichkeiten tagein, tagaus mit ihr fahren. Da hilft auch keine Imagepolitur mittels Werbung.
Wie wäre es stattdessen mit einem normalen Dialog zwischen Kunde und Unternehmen? Wie erfrischend ist es, Entspannung in den Gesichtszügen der Fahrgäste zu beobachten, wenn sich der Fahrer persönlich zu Wort meldet und kurz – mit seinen Worten – die Situation er- und aufklärt. Ohne Standardfloskeln oder auswendig gelernte Handbuchphrasen. Die Bahn muss lernen, mit den Kunden zu reden, deren Belange ernst zu nehmen, zuzuhören, zugänglicher, transparenter und persönlicher für sie zu werden. Ich will mich abgeholt wissen und verstehen, warum ich wieder warten muss. Warum nicht auch uns Kunden einen Blick hinter die Kulissen werfen lassen und die eigenen Schwächen aufdecken. Zusammen mit den Kunden könnte an der Behebung gearbeitet werden. Die Kunden von heute – und erst recht von morgen – müssen und wollen involviert werden. Ich für meinen Teil wünsche mir eine offene und ehrliche Kommunikation seitens der Bahn, denn in der Klarheit liegt die Wahrheit. Das sollte übrigens ein Grundsatz für jedes Unternehmen sein.
In diesem meinem Sinne, bis nächsten Sonntag und gute Fahrt!